Und am Ende jedes Vergessens, erinnere ich mich wieder. 12 Cuben

„Erinnerungen sind die hinfälligen, aber machtvollen Produkte dessen, was wir aus der Vergangenheit behalten, über die Gegenwart glauben und von der Zukunft erwarten”, schreibt der amerikanische Neuropsychologe Daniel L. Schacter.
Sie können uns mit Freude erfüllen und uns daran erinnern, was uns im Leben wichtig ist. Erinnerungen können auf versteckte Probleme hinweisen und auch mögliche Lösungen zeigen. Erinnerungen an Krisen, wo es schien, als verliere sich der Sinn, die Bedeutung oder vernebelte sich das Ziel, die wir überstanden haben.
Studien zeigen, dass viele Erwachsene sich ihre Kindheitserinnerungen nicht nur verschönen, sondern zum Teil auch neu erfinden. Ältere Menschen bewerten außerdem unangenehme Ereignisse nicht mehr so negativ. Der Grund dafür: Selbstschutz.
Ein Prozess startet unweigerlich, wenn sich ein Gedanke an den anderen reiht. Die Erinnerung ist der Ort, an dem Vergangenheit und Gegenwart aufeinander treffen.
Beim Erinnern werden Vernetzungen zwischen den Neuronen wieder hergestellt, die bei der jeweiligen Wahrnehmung beteiligt waren. Erinnerungen formen sich nicht an einem bestimmten Ort im Gehirn, sondern sind zahlreiche Gehirnareale - verbunden durch Hirnnerven - für die verschiedensten Erinnerungen zuständig. Die Funktion von 12 Hirnnerven, ohne die es keine Erinnerungen gäbe, besteht im wesentlichen darin, sensorische, sensible und / oder motorische Informationen zwischen Körper und Gehirn zu vermitteln, den Körper zu versorgen und sie steuern zahlreiche Aktivitäten und Funktionen, teilweise auch kaudal, um zB die Eingeweide des Brust- und Bauchraums zu innervieren.
Umgekehrt kennen wir körperliche Reaktionen bei Gedanken an etwas, etwas zu gedenken, sich an etwas erinnern. Chronische Verhaltensmuster stehen im Zusammenhang mit gespeicherten Erlebnissen. Sobald wir uns erinnern – sei es bewusst herbeigeführt oder zB getriggert durch Gerüche oder Orte oder eben durch Gegenstände, kann uns dies in unserer Geschichte zurückwerfen, sie existiert dann nicht mehr in der Vergangenheit. Wir können uns an diese verbundene Situation erinnern und sie wird wieder Teil – natürlich gefärbt oder geprägt durch nachtägliche Erfahrungen – unseres gegenwärtigen Erlebens. Dies kann einen Heilungsprozess in Gang bringen, nie geflossene Tränen können endlich fließen. Dieser Prozess kann uns auch ein Lächeln im Gesicht erzeugen, weil wir uns an einen wunderbaren Augenblick erinnern und uns trösten. Erinnerungen bereichern unsere Gegenwart und verwandeln diese. Sich an die Erfahrungen zu erinnern, verleiht dem Leben Sicherheit und Sinn. Die Erinnerung an eigene Stärken, Fähigkeiten und Kompetenzen hilft uns bei der Bewältigung unserer gegenwärtigen Aufgaben und Herausforderungen. Diese Verbundenheit zu uns selbst – mit all seinen emotionalen Facetten – bewirkt Harmonie und ist ein Aspekt der Vollkommenheit.
Der menschliche Geist ist also nicht nur dazu in der Lage, Dinge wahrzunehmen und Erfahrungen zu sammeln, sondern kann die eigene Wahrnehmung und Erinnerung zudem auch reflektieren und beobachten, in zweiter Instanz sozusagen. Eigene Gedanken, Meinungen und Erinnerungen zu reflektieren – sich selbst zu beobachten – das Nachdenken über die eigene Wahrnehmung. Bei diesem tragenden Element der Erinnerungsarbeit, die als Introspektion – die Selbstbeobachtung – bezeichnet wird, setzt das Werk 12 Cuben von Angela Proyer an.
Angela Proyer hat Nippes und (ihr) wertvolle Dinge nicht weggeworfen, sondern zeigt in dieser Arbeit sehr persönliche Einblicke in ihre Vergangenheit. Das wohl älteste Ding in einem dieser 12 Cuben, die wahrscheinlich auch als eine Art (Selbst-)SchutzRaum herhalten (müssen), ist viele Jahrzehnte alt und stellt ein selbstgebasteltes Irgendetwas aus Kindergartentagen dar. Vermischt mit und neu arrangiert beleuchten Gegenstände, aus gefolgten Lebensbereichen und -zeiten, äußerst sensible, sehr intime Einblicke in ihrer Biografie und verbinden HIER ihr Inneres mit einem Außen, das Vernetzen im JETZT wird her- und bereitgestellt
12 Cuben á 30 x 30 x 30 cm, beleuchtet und befüllt 
September 2021


01. - 15.11.2021
Red Carpet Showroom Altes Landgut

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